Pushkar
Auf verlöcherten Strassen erreichen wir Pushkar, den heiligen Hindu-Pilgerort am Rande der Wüste Thar. Der Schöpfergott Brahma soll für die Entstehung dieses Ortes verantwortlich gewesen sein. Der von weiss getünchten Tempeln und Badetreppen umgebene See ist heute eine von Indiens heiligsten Stätten. Da das Seewasser während der Glück verheissenden Vollmondphase im Oktober/November die Seele von sämtlichen Befleckungen reinigen soll, strömen zu dieser Zeit Tausende von Pilger zusammen. Während diesen Tagen im Monat Kartika findet hier auch der grösste Kamelmarkt der Welt statt.
In der jetzigen heissen Zeit sind die Pilger lange nicht so zahlreich, doch wir sind nicht allein. Frauen in wunderbar leuchtenden Saris oder wallenden Röcken schlendern durch die engen Gassen. Männer mit kunstvoll geschlungenen Turbanen auf dem Kopf sitzen bei einem Gläschen Chai beim Schwatzen. Allerdings gleicht das Dorf eher einem Souvenirmarkt, denn einer heiligen Stätte. Ein Silberverkäufer erzählt, dass die Saison in den letzten Jahren von zehn auf sechs Monate geschrumpft ist. Jetzt muss natürlich alles in kürzerer Zeit an den Mann und die Frau gebracht werden.
Stark riechende Kamellederwaren, stoffgebundene Bücher, geschnitzte Elefanten, messingglänzende Glöckchen, bestickte Schnabelschuhe, bunte Kleider in indischen und europäischen Variationen, fein verarbeiteter Silberschmuck – alles wird zwischen Gemüseständen und Futter suchenden Kühen angepriesen. Ja die Kühe, die sind wirklich überall. Kälber und Kühe gehen ja noch, doch wenn uns in der engen Gasse ein bulliger Stier mit mächtigen Hörnern gegenübersteht, wird das Gefühl etwas mulmig. Hoffentlich mag er die rote Bluse nicht. Sogar die Tempelblumen fressen sie auf. Der Verkäufer vom Gemüsestand dreht einer besonders lästigen Lisi den Schwanz um, damit sie Reissaus nimmt.
Das braune Wasser des Sees würde uns trotz Hitze nicht zum Baden locken. Doch viele Besucher lassen sich davon nicht abschrecken. Männer in Unterhose baden, schrubben sich Beine und Haare und die Frauen tauchen im Sari in die nasse Reinigungzeremonie ein. Aus Respekt vor den Pilgern dürfen diese Waschrituale nicht fotografiert werden und auf den Treppen sind keine Schuhe erlaubt. Doch auch von weitem ist es eine für uns besondere Szene, die wir beobachten können. Ein paar Sadhus sind auch dabei, die allem Luxus entsagen, nur das am Leib Tragende haben und scheinbar glücklich sind. Ihre Bettelbüchse klingelt zwar trotzdem manchmal und für ein Foto wollen sie ebenfalls Rupien sehen. Ein besonders schönes Exemplar sehen wir im Brahma Tempel, ganz in rot gehüllt mit dreadlocks (Filzzöpfen) bis zum Gesäss. Die benützt er bestimmt als sein Kopfkissen. Wegen möglichen Tierchen kommen wir ihm lieber nicht zu nahe.
Auch in Pushkar begegnen wir dem ersten Regen. Der in der Luft hängende Sand wird heruntergespült, die Leute freuen sich über das kühlende Nass. Wir uns dann weniger. Als wir zum Hotel zurücklaufen ist unsere Gasse überschwemmt, wir müssen die Hosen hochkrempeln und durch die Kloake waten. Der seitliche offene Ablaufkanal ist verstopft mit Müll und allerlei Unrat, – es stinkt grauenhaft (… wir nachher auch!).
Von den Dachrestaurants haben wir eine wunderbare Aussicht auf die eng zusammengebauten Häuser, den See mit den umliegenden Tempeln. Aus der Moschee ruft der Muezzin, vom Hindu-Tempel klingen die sanften Glöcklein – es geht doch! Viereckige graue Häuser mit Dachterassen wechseln sich mit den prunkvollen weiss getünchten Palastbauten ab. Es ist fast so wie auf der Strasse: arm und reich liegt nah beisammen.