Von Botschaft zu Botschaft
Solange wir unsere Pässe noch haben, besuchen wir die Iran-Botschaft. Wie erwartet fehlt der geforderte Visa-Code – hätte ja sein können, dass es in Indien ohne geht. Der Herr ist sehr nett und versichert uns, dass wir mit dem Code das Visum innerhalb kurzer Zeit erhalten. Hoffen wir, – der Code ist bereits seit 10 Tagen beantragt. Alles hat seine Zeit.
Die Anträge für Pakistan sind geschrieben, eine Begründung formuliert und mit dem kostbaren Couvert und unseren Pässen fahren wir zu DHL. Bis wir dort sind vergeht eine Weile, denn jeder will uns noch irgendwo hin schleppen. Vor allem die Tourismus Büros sind heisse Adressen für die Schlepper, da gibt’s wohl fette Provision. Dann die Information von DHL, dass in Indien keine Pässe mit der Post herumgeschickt werden dürfen. Wir müssen eine Autorisation der Botschaft der Schweiz in Delhi einholen. Ach nein – jetzt reichts dann also wirklich. Am nächsten Tag unser Gang zur Schweizer Botschaft. Das ist wenigstens interessant und ein Stück heimatlich, eine Schweizer Botschaft einmal von innen zu sehen (immerhin bis zum Empfang ….). Draussen hängt ein grosses Plakat der Gotthard-Eröffnung. Zuerst gibt es ein paar Unklarheiten beim Wächter, er will uns zur Visaabteilung schicken. Wir lassen nicht locker und irgendwann bekommen wir den Besucherbatch, um die Heiligen Hallen zu betreten. Der nette Sikh mit rotem Turban und mit Schweizerkreuz bestickten roten Patten auf seinen Schultern sieht schon etwas fremd und zurechtgeschustert aus. Endlich werden wir durch einen Herrn begrüsst und wir können unsere Geschichte zum vierten Mal erzählen. Also von dieser Regelung hat er noch nie gehört, doch er beglaubigt unsere Pässe und bescheinigt, dass in der Schweiz diese Vorschrift nicht besteht mit Siegel und Stempel und wir sind CHF 80 leichter. Und nun funktioniert es bei DHL – wir sind unsere Pässe los.
Zwischen diesen Botschafts-Gängen versuchen wir erneut unser Glück mit einer Autohaftpflichtversicherung – es ist nun bereits der vierte Anlauf. Der indische TCS schickt uns zu einer Versicherungsgesellschaft, diese schickt uns zum Hauptsitz, diese verweist uns an ein Agenturbüro, da im Hauptsitz keine Versicherungen abgeschlossen werden. In einem schwarzen Hinterhofeingang finden wir das Büro. Wieder dieselbe ratlose Miene, Telefonanrufe und Abklärungen. Ohne indische Einlösung von Paul können wir keine Versicherung abschliessen. Wir fahren zum Registrierungsministerium, das jetzt gerade nicht mehr dort und ins Polizeihauptquartier umgezogen ist. Wenigstens müssen wir als Weisse nicht in der Schlange anstehen und werden vorgezogen. Hier fragt der Herr nach unseren Importpapieren. Wir zeigen ihm unser Carnet de passage mit dem Einreisestempel von Indien. Das ist nicht gültig, richtige Importpapiere braucht er. Das heisst, wir müssten unser Auto nach Indien importieren und wie bringen wir es wieder hinaus? Es genügt jetzt, wir haben die Nase voll und geben dieses Thema endgültig auf. Nicht zu vergessen sind zwischen all diesen Adressen die Tuk-Tuk-Fahrten mit ewigen Preisverhandlungen, nein wir wollen in keinen Laden gebracht werden, nein auch in kein Tourismusbüro und zu keinem anderen Ort als diese Adresse. Oft können die Fahrer nicht lesen und sie fragen irgendwo an der Strasse nach dem Weg. Wenn auch auf Umwegen haben wir immerhin alle Adressen früher oder später gefunden.
Jetzt beginnt unser Sightseeing, wir haben keinen Bürokram mehr zu erledigen. Wir besuchen Delhis grössten Sikh Tempel, Bangla Sahib Gurudwara, der 1664 erbaut wurde.
Der Tempel ist für alle offen, einzig das Haar von Frauen und Männern muss bedeckt sein. Dreimal am Tag wird Gratisessen ausgegeben: Chapatti mit Dal. Im Innersten, Heiligen glänzen die Säulen goldig, die Wände sind aus Marmor. Sogar die Ventilatoren und Lüftungsrohre der Klimaanlage sind stilgerecht goldfarbig. In der Mitte singen Priester mit sonorer, dunkler Stimme, dass unser Zwerchfell vibriert. Begleitet werden sie von Harmonium- und Tabla-Spieler.
Unter einem pinken Baldachin steht der goldene Altar, ein Priester wedelt mit einem weissen Federbausch darauf herum, legt ein pinkes Tuch darauf, nimmt es wieder weg und wedelt weiter. Auf dem gemusterten Teppich sitzen Frauen, Kinder und Männer mit Turbanen in schwarz, rosa, orange, blau, weiss.
Vor dem Sitzen und beim Verlassen des Teppichs knien sie nieder und legen ihre Stirne auf den Boden. Wir lesen, dass der Sikhismus 1469 gegründet wurde und Sikh übersetzt Schüler heisst. Die Sikhs glauben an einen allmächtigen Gott, vollkommen und omnipräsent, einen Schöpfer ohne Hass und Feindschaft.
Der Sikhismus lehrt weltliches Leben, ohne Kastensystem, Idole, Rituale und Götter. An erster Stelle kommt das ehrliche, normale Leben, in dem auch Reichtum und Vermögen möglich ist. Ihre Religion sehen sie als allumfassende Weltbrüderschaft. Der Sikh wird durch die fünf Symbole – im Volksmund bekannt unter den 5 Ks – charakterisiert: Kesha (langes, ungeschnittenes Haar – deshalb der Turban), Kangha (Kamm), Kara (eisernes Armband), Kachcha (kurze Hose), Kirpan (Schwert). Die Aufseher in ihren weissen wallenden Roben tragen wirklich ein mächtiges Schwert über ihren Schultern. Die Stimmung im Tempel ist friedlich, fremd und eigenartig. So gefällt uns Indien!
Hallo Ihr Lieben. Ojemine…dieser Bürokram übertrifft jegliche Vorstellungskraft…unglaublich.
Wunderschöne Eindrücke, eine andere Welt zum Staunen.
Lasst Euch nicht verrückt machen und geniesst es trotz vieler Steine auf dem Weg. Ihr packt das.
Liebe Grüsse Nadine
Liebe Nadine
Zum Glück können wir jeweils am nächsten Tag wieder darüber lachen, doch im aktuellen bürokratischen Moment müssen wir uns immer unsere gute Kinderstube in Erinnerung rufen. Wir machen das Beste draus – mal schauen, wohin der Weg uns führt.
Ganz liebe Grüsse nach San Gallä
Uff uff das ist ja kaum zu glauben, was da an Bürokratie betrieben wird. Natürlich so haben wieder 30 Personen Arbeit. Hoffentlich werden eurer Anliegen noch alle erfüllt und ihr könnt getrost weiterreisen, zusammen mit Paul. Wir drücken euch die Daumen.
Dafür hat gestern die Schweiz 1:0 gewonnen. Hopp Schwiiizz
Liebe Käthi, lieber Max
Ja so sind wir doch gute Beschäftigungsexperten, – nur ohne Resultate. Was haben wir an jenem Abend zu uns gesagt: ‚Ein anstrengender Tag mit vielen Tuk-Tuk-Fahrten, müde vom Herumhasen und nichts erreicht‘! Vielleicht beim nächsten Mal. Wir verlieren die Hoffnung noch nicht, denn jeden Tag geht die Sonne neu auf (sie ist allerdings durch den Smog fast nicht zu orten).
Und wie stehts an der EM? Manchmal steht sogar ein Bericht in der Times of India. Wir sind also nicht ganz resultatlos.
Macheds guät ….. und liebe Grüsse
Liebe zwei
«Wenigstens müssen wir als Weisse nicht in der Schlange stehen… » So läuft das also in Indien. Nicht vorzustellen, wenn in St.Gallen auf dem Strassenverkehrs- und Schiffahrtsamt, dem Amt für Soziales oder dem Amt für Wirtschaft und Arbeit Schwarze, Japaner oder Inder an uns vorbeimarschieren, weil sie nicht in der Schlange stehen müssen. Ein Volksaufstand oder Bürgerkrieg wäre vorprogrammiert – ganz vorn an der Spitze Toni Brunner mit Esther Friedli, Christoph Blocher, Christoph Mörgeli, Roger Köppel etc. etc.………
herzlichst aus der Schweiz, wo es noch mehr oder weniger mit rechten Dingen zugeht
Esther
Liebe Esther
Ja, ja du hast Recht, das war nicht fair. Wir mussten echt lachen bei deiner worst-case-Schweizer-Adaptierung-Inszenierung. Versprochen, nächstes Mal stehen wir wieder an und lassen uns von den rüpelhaften, ungeduldigen Indern zur Seite schupfen. Normalerweise ist es nämlich so.
Herzliche Grüsse an den Bodensee