Phnom Penh

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Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass ich eines Tages auf der Terrasse des Auslandkorrespondenten Clubs sitze, einen Moijito mit Passionsfrucht schlürfe und in nachdenkliche Stimmung verfalle. Vor unseren Blick fliesst der Tonle Sap in im orange-roten Abendlicht träge dahin, unter uns hallt der hektische Verkehr der Grossstadt gedämpft zu uns. Es ist ein eigenartiges, fast kontroverses Gefühl. Hängt es mit der Geschichte von Kambodscha zusammen? Dass den Leuten 20 Jahre ihres Lebens durch die Wirren von Bürgerkrieg und der Schreckensherrschaft der Roten Khmer gestohlen wurde? Jetzt ‚lebt‘ die Stadt wieder – und wie, – sie ist mit viel Improvisationsgeist in Aufbruchstimmung. Erinnerungen an Kuba werden in uns wach. Natürlich fliesst viel Geld von zahlreichen Investoren aus Ost und West.

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Siebzigerjahre, Rote Khmer, Pol Pot sind in unserem Gedächtnis gespeichert, doch so richtig können wir sie doch nicht mehr zuordnen. Der Wirtschaftsplan der kommunistischen Khmer Rouge sah vor, die Bevölkerung der Städte auf das Land zu evakuieren, wo sie Bewässerungsanlagen bauen sollten. Ein Agrarstaat in Kommunen. Mit dem Erlös der Überproduktion an Reis sollten dann Waffen und Industrieanlagen gekauft werden, um das Land zu einstiger Grösse zurückzuführen. Innerhalb von 48 Stunden mussten die Bewohner der Hauptstadt ihr Zuhause verlassen. Ausnahmen gab es nicht, wer sich weigerte, wurde hingerichtet. Intellektuelle, Künstler, gut Gebildete waren nicht mehr nötig. Eine grausame Hetz- und Folterkampagne begann. Ein Viertel der Bevölkerung starb in den Arbeitslagern an Erschöpfung, Malaria oder sie wurden im Foltergefängnis S-21 und auf den killing fields beseitigt. Der Plan eines Agrarstaates scheiterte kläglich, die Stadt und das ganze Land lag am Abgrund: Wasserhähne, Steckdosen, Telefone – nichts funktionierte mehr.

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Wir können uns die Mitte des 19. Jahrhunderts vom protektionistischen Frankreich geplante und erbaute blühende Märchenstadt gut vorstellen. Hinter grossen Eisengittern ist eine koloniale Villa (halt etwas in die Jahre gekommen) zu entdecken. Repräsentative Boulevards schlucken den immensen Verkehr von Mopeds, Tuk-Tuks, Lastwagen und Autos. Immer wieder erinnert ein erhaltenes Detail an vergangene (und wieder erwachende) Schönheit.

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Vor allem im Gelände des Königspalasts betreten wir eine Märchenlandschaft. Majestätisch und prunkvoll präsentieren sich Thronhalle, Pagoden und viele kleinere Gebäude mit Staffeldächern und Flammengiebeln in einem weitläufig, schön angelegten Park. Das zentrale Heiligtum ist die Silberpagode. Eine Treppe aus Carrara-Marmor  führt zum goldenen Altar, auf dem die aus massivem Gold gefertigte, fast lebensgrosse 90 Kilo schwere Buddhafigur steht. Ihren Namen verdankt die Pagode dem Boden, der mit 5329 Silberfliesen (jede 1.125 Kilo schwer) ausgelegt ist. Am Rand können wir ein paar davon sehen, der Rest liegt geschützt unter einem roten Teppich. König Sihamoni residiert in einem nicht zugänglichen Bereich. Weit weg sind Strassenlärm, Armut und Elend, Staub und Schmutz.

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Erstaunlich viele Selbshilfeorganisationen entdecken wir, die in kleinen Läden Kunsthandwerk, Alltagsgegenstände und Textilien anbieten. Behinderte, Minenopfer finden damit eine Beschäftigungs- und Einnahmequelle. FRIENDS ‚N‘ STUFF setzt sich mit Taschen aus Recyclingmaterial, lustigen T-Shirts, Schmuck aus Papier für Kinder ein, damit sie zur Schule gehen, bieten Jugendlichen eine Ausbildung im Restaurant nebenzu und motivieren Eltern, etwas für ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder zu unternehmen.

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Es geht aufwärts!

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