Cape York
Wie ein Dreieck ragt die Cape York Halbinsel in die Arufura See. Noch besteht die Halbinsel überwiegend aus Wildnis – trotz der 30 000 Geländewagen, die sich jedes Jahr zur Trockenzeit auf die lange Tour zur Spitze begeben. 700 Kilometer – lang, ungeteert und holperig, doch mit Aussicht auf wilde, unberührte Natur. Die Halbinsel ist mehrheitlich Land der Aboriginal Menschen und der Torres Strait Inselbewohner (die während des zweiten Weltkrieges und dem Gefecht zwischen Japan und Australien von ihren Inseln aufs Festland evakuiert wurden).
Unsere Reise haben wir nach der Regenzeit in Queensland geplant, wenn die Strassen überhaupt wieder befahrbar sind. So können wir dem schon etwas kalten Spätherbst in NSW entfliehen. Erst unterwegs bemerken wir, dass wir glücklicherweise immer dem Regen und vor allem dem schlimmen Unwetter in der Region Sydney davonfahren. Unterhaltsfahrzeuge sind daran, die Strasse zu planieren und von den Unwetterschäden der Regenmonate instandzustellen. Die aufgeschüttete Erde sieht aus wie ein Riesenhaufen Ostereierfärbepulver aus Cochinelle und Sandelholz.
Doch immer wieder tiefe Löcher, Furchen und Rillen rütteln uns durch. Wenn uns ein Auto kreuzt, fahren wir meterweit in einer roten Staubwolke ohne Sicht. Das Durcheinander in der Besteck- und Gewürzschublade zeigt am Ende des Tages den gefahrenen Strassenzustand.
Freilaufende Rinder grasen zwischen dünnen Bäumen im saftigen Gras. Jetzt soll die grünste Zeit hier sein. Nach langen 400 Kilometer erreichen wir Coen, früher eine Versorgungsstation zu den Goldgräberminen. Die hier lebenden Aboriginal Menschen sehen mehrheitlich grimmig aus. Hinter dem Pub finden wir einen Campingplatz und suchen uns ein Plätzchen unter einem schattigen Baum. Das Krächzen nebenan entpuppt sich als Tausende von Flughunden, die durch das Motorengeräusch aufgescheucht worden sind. Igitt es stinkt wie eine Herde voller Schafsböcke. Im Abendrot machen sie ihren letzten Ausflug – es sieht gespenstisch aus.
Oh, dieses Pech, die Strasse die wir fahren wollen zeigt: road closed, local traffic only. Und jetzt? Die Fahrt wagen?
Auf der Strassenkarte finden wir Kontakttelefonnummern und nach dem dritten Versuch erreiche ich dank dem Satellitentelefon die Gemeinde. Alles ok – nur langsam und vorsichtig fahren, meint der nette Herr. Zweimal müssen wir einen recht tiefen Fluss durchqueren, die zum Glück mit einer Betonunterlage verstärkt sind. Endlich erreichen wir die Chili Beach und der lange Weg hat sich gelohnt.
Ein traumhafter, kokospalmengesäumter Strand, das Meer in allen Türkisschattierungen und warme 30 Grad. Einziger Nachteil, das Baden ist wegen den Krokodilen nicht empfehlenswert. Da bin ich lieber etwas übervorsichtig. Wir bleiben gerade noch einen Tag und geniessen das Strandleben halt ohne Baden. Ich habe Zeit einen Apfelkuchen und Brot zu backen. Allerdings wäre die zusätzliche Hitzeerzeugung durch den Gasbackofen bei 34 Grad nicht unbedingt notwendig. Die Luftfeuchtigkeit drückt zusätzliche Schweissperlen auf die Stirn, doch der Kuchen schmeckt. Urs kann endlich einmal seine Hängematte zwischen zwei Palmenstämmen aufhängen und die Füsse hängen lassen.
Den Durst stillen wir mit frischer Kokosnussmilch, die herrlich kühl die Kehle herunterrinnt. Es sind paradiesische Zustände.
Auf der Karte sehen wir eine Abkürzung für unsere Rückkehr auf die Strasse. Ein paar knifflige Passagen gibt es zu überwinden, der Regen hat tiefe Furchen in den Weg gefressen. Doch nach ein paar Kilometern weist uns der Frenchmans Trak seine Stirn.
Die Vernunft siegt, wir kehren um, was gar nicht so einfach ist auf einem autobreiten Weglein. Zurück auf der Hauptstrasse mit ihren vergleichsweise sanften Rillen und Dellen kommen wir gut voran. Ein interessantes Wechselspiel von orangeroter, dunkelroter und beiger plattgewalzter Sanderde ist auf der Strasse zu verfolgen.
Unser Abstecher auf dem Old Telegraph Trak bringt uns zu den Fruit Bat Falls, den Eliot und Twin Falls.
Der Old Telegraph Trak ist DIE Herausforderung für alle 4×4 Fahrer und lockt Abenteurer an. Doch zum Glück gibt es die «normalere» Umfahrungsstrasse für die übrigen Reisenden. Das Rauschen der Fälle tönt bis in den Regenwald hinein. Unterschiedliche Farne, Fächerpalmen und Lianen wachsen zwischen grünem Dickicht. Ein herrlicher Anblick ist die Riesenbadewanne der Fruit Bat Falls. Es geht nicht lange, bis ich da im Wasser bin, das Nass ist herrlich erfrischend, Urs kommt nach. Gegen die Fälle schwimmen wir wie in einer Gegenstromanlage – wir müssen spontan an Martin denken.
Es geht eine anstrengende, holprige Fahrt weiter zu den Elliot und Twin Falls, die fünf Kilometer entfernt sind. Glasklares Wasser, herrliche Badeteiche und keine Leute, was für ein Privileg wir haben. Mit einer Abkürzung über den Old Telegraph Track zurück auf die Umfahrungsstrasse können wir ein paar Kilometer einsparen und müssen nicht mehr denselben Weg fahren. Denken wir! Wir schaffen zwei Flussdurchquerungen, doch beim dritten Fluss wird sogar die Undi nass. Das ist definitiv zu tief.
Vor allem der Sand im Bachbett sieht tückisch aus, wer weiss wie tief sich die Räder eingraben. Wir geben auf und kehren um – auf derselben unwegsamen Holperpiste zurück. Unsere Box neigt sich verdächtig mal links, mal rechts. Meine Nerven könnten das nicht stundenlang durchstehen. Ich bin froh, als wieder die rote Umfahrungsstrasse in Sicht ist. Der Old Telegraph Track ist wirklich nichts für so schwere Fahrzeuge und vor allem, wenn man alleine unterwegs ist.
Über den Jardine River verkehrt eine Fähre, zwei komische schwarze Gestalten warten an der Tankstelle davor auf Kundschaft. Für zwei Minuten Überfahrt bezahlen wir 45 Dollar.
Ja der Fährmann, der mit seinem Auto die paar Meter hinter uns her fährt, auf der Fähre hinüberschifft und wieder zurück, damit er keinen Schritt laufen muss, will wohl auch sein Benzin finanzieren.
Endlich sind wir in Pajinka – Cape York Spitze – wie die einheimische Bevölkerung von das Kap nennt. Erst müssen wir noch ein paar schweisstreibende Klippen erklimmen, bis wir vor dem weltberühmten Schild stehen. Drei Meere treffen hier zusammen: das Arafura Meer, das Torres Strait Meer und der Südpazifische Ozean. In Sichtweite liegen Inseln verstreut im türkisblauen Meer, ein ergreifendes Gefühl an dieser Spitze des Kontinents zu stehen. Die australische Frau klärt uns auf, dass dieser Ort eines der Reiseziele jedes Australiers sei, bevor er diese Welt verlässt. We made it!
Hallo Ihr Zwei, was für eine Story! Ihr seid ja unschlagbar und überwindet die grössten Hindernisse mit Bravour. Einfach traumhaft und sehr eindrücklich. Weiterhin gute Fahrt und im Notfall Flügel für Paul :-))
Liebe Grüsse Nadine
Hallo ihr zwei
Wir finden es einfach grandios, was ihr da erlebt und durchzieht.
Herzliche Grüsse und weiterhin gutes Gelingen!
Simone & Stephan
Liebe Simone, lieber Stephan
Schön, dass ihr unsere Reise und unsere Abenteuer begleitet. Es tut immer gut zu wissen, dass in der Heimat noch jemand an uns denkt :-). Manchmal hat man das Gefühl, gar nichts mehr von der Schweiz mitzubekommen. Einzig die Affäre Blatter kommt bis ans andere Ende der Welt.
Danke für die Reisewünsche, die packen wir gerne in unser Gepäck. Liebe Grüsse und geniesst den Sommer