Camping- und Autofreaks
Jedes fünfte Fahrzeug auf Australiens Strassen zieht einen Wohnwagen oder sonst einen schlafbaren Untersatz hinterher – und was für Ungetüme. Es ist wirklich das Land der Camper. Die übrigen haben ihre Ferienmobile im Garten oder neben dem Haus stehen – allzeit fahrbereit. Überall sind Stell- und Übernachtungsplätze zu finden. Es gibt die gut ausgestatteten Caravanparks mit Dusche, WC, Abfallentsorgung, Waschmöglichkeit, Camp-Küche inkl. Gas-Teppanyaki-Grill. Dafür lässt man zwischen 25 und 60 Dollar liegen. Über das Wochenende sind diese Plätze von Familien bevölkert, die wirklich ihren ganzen Hausrat verlagern. Natürlich wird immer gegrillt, wenn möglich ein Feuer gemacht und jede Menge Bier getrunken. Unmengen Fleisch landen auf dem Gasgrill, es duftet und nach einer halben Stunde sind sie immer noch am Braten. Ob das noch schmeckt? Den Kindern gefällts, sie fahren auf ihren Fahrrädern um die Wette und spielen zusammen. Wir finden es immer lustig, dem Wortschatz der Kleinen zuzuhören.
Auf einigen Campingplätzen muss man das geforderte Geld in eine Tüte stecken, die Personalien ergänzen und das Couvert in eine Kasse werfen. An einem Platz staunen wir nicht schlecht, als am nächsten Morgen die Rangerin Kontrolle macht und mehr oder weniger jeder noch seine Gebühr nachzahlen muss. Da sind wir halt Schweizer.
In den Nationalpärken sind die einfachen Zeltplätze mit bestenfalls einem Busch-WC zu finden. Hier verhalten sich die Camper meist nicht so vorbildlich. Alles lassen sie liegen von Kleidern über Campingutensilien bis zum üblichen Abfall. So schön die Umgebung wäre, da verleidet es zu campieren. Zum Glück sind nicht alle Übernachtungsstellen so und die wunderbaren, naturnahen Gegenden entschädigen wieder. Scheinbar ist das nicht nur auf entlegenen Campingplätzen eine Sorge. Wir lesen in der Zeitung von einer Rucksacktouristen-Invasion aus Europa, die irgendwo in einem Park mitten in Sydney oder in den grösseren Städten wild campieren, oder in ihrem Auto auf einem Geschäftsparkplatz übernachten. Fremdes Wasser, fremder Strom wird angezapft – einfach möglichst billig. Auf den Parkbänklis verpflegen sie sich, auf der Strasse putzen sie die Zähne und hinter den Büschen verrichten sie ihre Geschäfte. Eine Plage, die Politiker müssen sich etwas einfallen lassen. In Australien gibt es kein Gesetz, das verbietet, auf einem Parkplatz oder irgendwo im Auto zu übernachten, ausser die Tafel «No camping» weist darauf hin. Nicht verwunderlich, dass die Touristen nicht mehr überall beliebt sind.
Immer wieder trifft man auf die «Grauen Nomaden» – ältere Paare ohne festen Wohnsitz. Sie fahren mit ihrem Wohnwagen von Platz zu Platz, meist dem schönen Wetter oder den günstigen Plätzen nach und sparen sich so ihre Hausmiete. Das verwundert nicht, denn die Immobilienpreise und demzufolge die Mieten sind in den letzten Jahren radikal hinaufgeklettert.
An den Wochenenden sind die Radfreaks unterwegs. Velofahrer in Gruppen, Töfffahrer, welche die besonders kurvenreiche Strassen als ihr Revier betrachten oder die Autoclubs. An einem Wochenende kreuzt uns eine Kolonne von bestimmt 100 Holden-Fahrzeugen – alle poliert und in einer bunten Farbpalette. Etwas später der MG-Club mit ihren Oldtimern und das Tüpfchen auf dem i eine Gruppe von sechs Ferraris, rot und gelb flitzen sie uns entgegen. Wir staunen über das Geld, was da auf der Strasse klebt.
Für Urs ist Australien DAS Land mit den meisten und originellsten Pickups. Er lässt es sich nicht nehmen, diese Teile in seine Fotosammlung aufzunehmen und immer wieder um die skurilen Autos herumzuschleichen. Zum Glück liegen ein paar Meere zwischen unserem ursprünglichen Zuhause, sonst müssten wir uns bereits nach einer Garage umsehen.
Lieber Urs, Ich hoffe, was da auf dem letzten Bild an der Wäscheleine hängt, war ein Abschiedsgeschenk deines Arbeitgebers… ;- ))
Herzlichst aus Staad
Esther
Liebe Esther
Uff – die Antwort hat lange gedauert. Selbstverständlich war das ein Erinnerungsgeschenk, damit Urs seinen Arbeitgeber nieeee vergisst. Vielleicht ist es auch das Eintrittsbillett für einen neuen, alten Job. Wer weiss!
Herbstliche Grüsse in den Frühling.