Südwärts
Mit Louise und Fredl unternehmen wir die erste Reise südwärts. Wir fliehen vor dem Regen, doch es scheint, dass wir immer mit ihm reisen. Für die Zwei, die zum ersten Mal das neue Dachzelt ausprobieren ist es eine harte Durchhaltesituation. Jede Nacht ein Regenguss. Doch immer wenn das Zelt zusammengeklappt werden muss, zeigt sich der Himmel gnädig. Auch wir erfahren während diesem Nass von oben, dass wir erst ein Wasserleck mit der Wasserpumpe gefunden haben. Das Regenwasser dringt durch irgendeine undichte Abdeckung herein und setzt unser Zuhause ständig unter Wasser. Jetzt wissen wir wenigstens, wo aufzutrocken ist und Urs wird sich diesem Problem intensiv annehmen müssen, wenn wir wieder in Lisarow sind.
Die Spiegeleier brutzeln in der Bratpfanne als ich das Telefon bekomme, dass Susanne mit einem gebrochenen Bein im Spital liegt. Das ist wieder einmal so ein Augenblick, wo ich am liebsten Zuhause wäre. Nach langem Überlegen, ob das Heimreisen sinnvoll ist, bleibe ich wo ich bin.
Wir durchqueren die Nationalpärke Wadbilliga und South East Forest mit wunderbarem dichtem Regenwald. Schliesslich landen wir in Eden, wieder am Meer . Dieser Ort macht seinem Namen alle Ehre – es ist wirklich paradiesisch hier.
Louise und Fredl ziehen wieder heimwärts, wir südlich weiter. Herrlich lange Strände an der Ninety Mile Beach, nur die Wassertemperaturen stimmen nicht. Hier machen wir uns bekannt mit den Victoria-Camping-Sitten. Die Campingstellen müssen im Voraus gebucht werden: keine Verbindung zur angegebenen Homepage und die Telefonnummer verweist auf die Homepage. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als illegal zu übernachten. Doch in Anbetracht der Sauerei um uns herum brauchen wir kein schlechtes Gewissen zu haben.
Wir machen Halt im Wilsons Promontory National Park – einem der bekanntesten in Australien. Vor mehr als 10.000 Jahren wurde dieser Teil zum Ende der Eiszeit von Tasmanien abgetrennt.
Ein dichtes Buschland und wunderbare weisse Sandstrände machen den Park so berühmt. Während der Weihnachtszeit oder zu Ostern sind die Campingplätze bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht. Wir haben Glück und können uns ein Plätzchen mit Abendsonne sichern.
Dann geht’s weiter in den Alpine National Park, bis auf 1700 Meter. Zu Beginn der Strecke wird vor Schnee und Eis gewarnt, – kaum zu glauben, zuoberst fieselt es wirklich wie Schnee. Unser Reisetag ist lange. Auf dem Cornhill Logging Track kommen wir oft nur mit 4 km/h vorwärts, Paul und Urs müssen sich gleichermassen rauf und runter arbeiten. Ich räume manchmal einen Ast aus dem Weg und sonst muss ich mich einfach nur festhalten.
Doch vor diesem Teil bin auch ich machtlos. Ein riesiger Baumstamm liegt quer in der Strasse. Urs mit seiner kleinen Säge gibt alles. Jetzt wünscht er sich sehnlichst diese Motorsäge herbei.
Schlussendlich liegt auch der untere Teil des Stammes dank Paul, Urs und Abschleppseil neben der Strasse. Die Fahrt kann weitergehen. Wir passieren zwei Retorten-Skifahrer-Dörfer, alles neu, gigantische Gebäude, noch grössere Sessellifte und der ganzen kurvigen Strasse entlang riesengrossen Parkplätze – natürlich mit Gebühr. Tafeln warnen vor eisigen Kurven. Wenn das nur gut geht im Winter.
Im Kosciusko Nationalpark (mit dem höchsten Berg Australiens – 2229 Meter) machen wir Halt an der Informationstafel zur Murray Power Station. Verschiedene Stauseen sind miteinander gekoppelt, die Station liefert in den Stosszeiten am Morgen und Abend die Städte Melbourne, Adelaide, Canberra, Sydney und Brisbane. 25 Jahre haben sie an diesem grandiosen Werk für erneuerbare Energie gearbeitet.
Auf einer Aussichtsplattform lernen wir Kerstin und Kevin aus Deutschland kennen. Sie sind mit Liza, einem BMW Seitenwagengespann seit 20 Monaten auf Reise. Der Zufall will es, dass wir am Abend auf demselben Campingplatz das Lager aufschlagen und so verbringen wir zusammen einen unterhaltsamen Abend mit dem Austausch von Reiseerlebnissen.
Und heute ist Schaftag – überall begegnen uns die wollenen Knäuel: auf der Weide, im Lastwagen, im Scherunterstand und auf einmal mitten auf der Strasse hunderte von Schafen. Wir fühlen uns ganz wullig.
Gügsli Ihr Lieben Reisevögel, Ihr seid ja wirklich im Paradies gelandet. Ob Australien oder Schweiz, das Leben nimmt seinen Lauf. Gebrochene Beine in der Schweiz oder Wasser im Auto in Australien, es fordert einen überall. Ich bin überzeugt, auch das geht vorbei. Haltet die Ohren steif und gutes Gelingen wo immer es gebraucht wird.
Liebe Grüsse Nadine
Liebe Nadine
Unterdessen ist der Frühling auch bei dir eingetroffen. Sorry – ich habe die Antworten vernachlässigt. Und wir sind nun schon einige Hunderte Kilometer in den Norden gefahren.
Es ist wieder spannend, unterwegs zu sein. Heute mussten wir im Regenwald ein paar Flüsse durchqueren – doch keine Angst, sie waren nicht hoch. Das Wasser des Zyklons ist schon wieder versickert.
Dir alles Liebe, gut Schnitt und auch sonst viel Spass.