Auction

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Mit Morgenrot kündigt sich der neue Tag an, die längeren Nächte machen sich schon bemerkbar. Wir sind früh unterwegs nach Ashfield, Kingstreet 3/15, einem Vorort von Sydney. Eine Freundin von Louise und Fredl bietet ihre Wohnung zum Verkauf an und heute ist die Versteigerung. Die Leute in Australien sind sehr umzugsfreudig. Kaum eine Familie, die nicht schon mehrere Male umgezogen ist.  Das Schild «for sale» (oder «sold», wenn die Sache schon gelaufen ist) sieht man an jeder Strasse. Die meisten Verkäufe werden über einen Immobilienmakler abgewickelt, natürlich gegen entsprechendes Honorar. Die Agentur unternimmt die ganzen Vorbereitungsarbeiten, wie Inserate, Kontakte mit möglichen Käufern etc. Etwas ganz Besonderes und Unbekanntes ist, dass sie die Wohnung oder das Haus optisch verschönern und das Verkaufsobjekt in eine Reportage aus «Schöner Wohnen» verwandeln. Alte, unpassende Möbel, Lampen und Krimskram muss raus. Moderne Möbel werden für die Verkaufszeit gemietet, die Wohnung wird aufgepeppt und ins rechte Licht gerückt. Die Wohnung von Susan hat das nicht nötig.

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Sie ist eine perfekte Innenstylistin und hat ein Bijou aus ihrem Zuhause gemacht.  Ihre Art-Deko-Renovation passt wunderbar zum Baustil des Hauses. An drei Samstagen vor der Auktion wird die Tür geöffnet. Alle Interessierten und natürlich auch die Schaulustigen schauen sich von 10.00 bis 11.00 Uhr um. Ein grosses Schild vor dem Haus weist auf diese Möglichkeit hin. Und dann der grosse Tag der Auktion. Um 09.30 Uhr können sich die Interessierten nach Vorlage eines Ausweises  einschreiben, erhalten eine Nummer und sind damit steigerungsberechtigt.

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Die Nervosität steigt. Sicher 50 Leute strömen durch die Wohnung und finden sich schlussendlich im kleinen Garten zusammen. Der Auktionar, natürlich als Autoritätsperson im Anzug, verkündet die Auktionsregeln und preist die Wohnung mit all ihren Vorzügen. Eine gute Investition, an einer guten Lage, in einem guten Haus. Seine Stimme rattert wie ein Maschine, er braucht weder Notizen noch sonst einen Spickzettel. Das scheint sein Element zu sein.

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Dann beginnt der spannende Teil der Bietung. Ein junges Paar – er ein langer Dünner, sie eine kleine Asiatin – beginnen bei 690.000 Dollar. Ein älterer runder Herr ohne Haare bietet 5.000 mehr, das Paar zieht nach. Ein anderes Paar mischt sich in die Runde, – es wird spannend. Der ältere Herr steigt aus, das junge Paar wird sichtlich nervös. Da bietet einer im Anzug mit dem Handy am Ohr mit. Er scheint ein Immobilienagent zu sein. Das junge Paar hat seine Obergrenze von 750.000 überschritten, die Immobilienmaklerin nimmt sie zur Seite und redet auf sie ein. Ok – sie sind wieder dabei, der andere am Telefon steigert in 1000er-Schritten, bis das Paar auf 800.000 erhöht. Sie schauen ziemlich mitgenommen aus.

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Da gibt der andere nochmals 1.000 Dollar drauf. Und jetzt müssen sie passen. Sie tun uns wirklich leid – im letzten Moment ist der Traum dieser schönen Wohnung für sie geplatzt. Erst im Nachhinein stellt sich heraus, dass eine ältere Frau über den Makler die Wohnung gekauft hat. Sie wird diese vermieten. Scheinbar besitzt sie nebenan bereits Wohnungen, die sie allerdings nur als Geldmaschinen benützt und keine Investitionen dazu leistet. Alle sind ziemlich schockiert über diese Erkenntnis und bedauern, dass das junge Paar nicht zum Zug kam.

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Immerhin eine Glückliche gibt’s am heutigen Tag – Susan kann aufatmen, dass sie ihre Wohnung zu einem besonders guten Preis verkauft hat. Das wird mit sparkling wine begossen!