Caprivi Zipfel
1890 beginnt die Geschichte des fast 400 Kilometer langen Caprivi Zipfels. Der Nachfolger von Bismarck, Reichskanzler von Caprivi, unterzeichnet mit Grossbritannien einen Vertrag, der Deutschland diesen Gebietsstreifen zusichert. So haben sie von Deutsch-Südwestafrika über den Zambezi einen einfacheren Zugang zu den deutschen Kolonien in Ostafrika. Als Gegenleistung tritt Deutschland die Insel Sansibar und weitere kleinere Inseln in Ostafrika an England ab. Deutschland erhält zusätzlich die strategisch wichtige Insel Helgoland. Was da vor nicht langer Zeit alles hin- und hergeschoben wurde! Die Reise in den Caprivi Zipfel ist von Grenzflüssen geprägt, – vom Kunene zum Okavango zum Kwando, der immer noch derselbe Fluss, zum Linyanti und noch später zum Chobe wird, und schlussendlich noch der Zambezi. Durch die vielen Flussarme, Sumpfgebiete und bei Regenzeit vollendete Überflutung ist hier alles grün und spriessig. Die Flussausläufe sind von Schilfgürteln umsäumt, dazwischen überall wieder Inseln. Besonders die Überschwemmungsgebiete und Wasserwege des Zambezi bilden den idealen Lebensraum der Hippos, die fast immer im oder am Wasser zu finden sind.
Nur nachts gehen sie an Land, um zu grasen. Teilweise müssen sie lange Strecken zurücklegen, um ihren durchschnittlichen Tagesbedarf von 60 Kilo pflanzlicher Nahrung zu verschlingen. Die Hippos spielen eine bedeutende Rolle im Ökosystem des Flussgebietes, unter anderem weil sie die Wasserarme offen halten. Das Hippo ist ein hervorragender Schwimmer, doch durch sein Gewicht kann es auch gut auf Grund laufen. In diesen Läufen leben die Flusspferde zu Hunderten. Sie sehen schon knuddelig aus, wenn sie mit ihren kurzen Beinen davon rennen.
Im Mudumu Nationalpark fahren wir über sandige Pisten, bleiben auch prompt wieder einmal stecken, passieren kurvige Weglein und stehen auf einmal einer Elefantenherde gegenüber. Was für edle Tiere. In allen Grössen stehen sie am Uferrand, verschlingen frische Blätter von den bevorzugten Mopanebäumen und knabbern Baumrinden an. Ich bekomme schon etwas Herzklopfen, nur schade, dass wir nicht länger stehenbleiben können, denn unser Auto pflügt sich im Kriechgang durch den Sand. Also hier möchte ich nicht die Räder ausbuddeln.
Es sind Überlegungen im Gange, einen grenzüberschreitenden, riesigen Peace Park der Länder Botswana, Namibia, Zimbabwe, Zambia und Angola zu schaffen. Damit würde für die Tiere wieder der lebensnotwendige Migrationsraum entstehen und der Überpopulation der Elefanten in den jetzigen Pärken entgegengewirkt. Doch bis alle Grenzzäune fallen, wird es wohl noch 15 Jahre dauern. Und hoffentlich nicht zu viele Elefanten der gewaltsamen Dezimierung zum Opfer fallen.
Der ganze Caprivi Zipfel ist touristisch gut erschlossen, denn er bildet den Hauptverkehrsweg zu den Victoriafällen von Westen her. Wir finden gute Campsites, oft sogar mit eigenem WC- und Duschhäuschen. Das sind dann wirklich luxuriöse Etappen, die wir schätzen. Oft sind wir wieder alleine auf den Plätzen, die Touristen ziehts nach Botswana. Auf einem riesengrossen Camp des Tourismusministeriums, das mit Häusern und Camping ausgestattet ist, sind wir wohl die fast ersten und einzigen Gäste. Ein typisch staatliches Gebilde, mit sicher 20 Gärtnern im Einsatz, doch alles verlottert schon bevor es benützt wird. Doch vielleicht kommt die Saison ja noch!
Wir kochen oft auf unserer Ein-Gas-Flamme, was die Vorräte so hergeben. Einmal erstehen wir sogar Fleisch (das ist eine Seltenheit) und machen ein gutes BraaiVleis. In den Openair-Metzgereien am Strassenrand hängen ganze Rippen und Fleischteile vor dem Holzhüttli – das macht uns nicht so gluschtig. An den Gouda Käse, der eine Farbe wie Rüeblimousse hat und wie Radiergummi schmeckt, haben wir uns auch gewöhnt. Auf unserer Fahrt durch den Nationalpark picknicken wir an einem Flusslauf. Da waren kürzlich auch die Elefanten und es riecht nach Zirkus Knie. Irgendwie heimelig.
Der Besuch auf der Nkara Lupala Lodge ist speziell. Die Lodge liegt in einem nicht eingezäunten Wildtiergebiet und deshalb bieten sie auch keinen Campingplatz an.
Wir übernachten in einem Zelt auf Stelzen, natürlich mit integrierter Dusche und WC. Im Dunkeln werden wir vom Ranger zum Zelt begleitet. Wir buchen für den nächsten Tag einen Gamedrive mit Schifffahrt auf dem Lianyanti. Ein Paar – very british – begleitet uns. Er mit wirklich britischem Humor, der am meisten über seine Witze lacht und sie könnte die Schwester von Camilla sein. Doch immerhin sind wir nur zu viert und der Ranger erklärt interessante Sachen über Fauna und Flora. Und wir entdecken sogar eine Löwenfamilie mit Löwenmann, zwei Müttern und ihren fünf halbwüchsigen Kleinen. Sie sind wirklich majestätisch.
Die üblichen Tiere der afrikanischen Savanne gehören natürlich auch zur Entdeckungsfahrt: Kudu, Steinböckchen, Impala, Sumpfantilope, Zebra, Buschschwein, Hippo, Elefant, Affe und viele Vögel, deren Namen wir nicht mehr wissen. Einer sogar mit sieben Farben.
Die Reise in den entlegenen östlichen Teil von Namibia ist die vielen gefahrenen Kilometer definitiv wert, ein herrliches Natur- und Tiererlebnis.