Missionsstation Karangasso

Von meiner Freundin Laura bekommen wir die Adresse der Missionsstation der Franziskanerschwestern in Karangasso, Koutiala. Nach einigem Fragen landen wir in Koutiala in einer Christlichen Mission, wo mir Abbé Edouard persönlich eine Karte zeichnet, wie wir das 45 Kilometer entfernte Karangasso finden. Von der geteerten Strasse führt links die Sandpiste weg.

K800_Strasse nach Karangasso (2)

Der Regen hat auch hier Spuren hinterlassen und wir durchqueren grosse Wasserlachen. Die Beschreibung des Abtes passt perfekt, wir landen in der Missionsstation.

K800_Missionsstation

Vier schwarze Frauen begrüssen uns, nein die Schwestern sind nicht da, sie sind in der Stadt (wo wir gerade herkommen). Sie empfangen uns im Haus Orphelinat Saint Joseph, führen uns die Räume der Kinder, die gerade ihr Mittagsschläfchen in kleinen Betten halten. In jedem Raum sind sechs kleine Bettchen, das Moskitonetzchen auf einem Metallgestell zurückgeschlagen. Sie schlafen friedlich. Ein ganz kleines Bübchen ist drei Monate alt, doch es sieht aus wie gerade erst geboren – eine Frühgeburt. In einem Bettchen schlafen Zwillinge. Mir kommen die Tränen, wie ich die Kleinen so schlafen sehe. Ihre Mutter ist gestorben, die Familie gibt die Kinder in diesem Kinderheim ab, wo sie versorgt und ernährt werden. Zurzeit sind 13 Säuglinge und drei etwa halbjährige Kinder in der Station.

K1024_Constanze mit Kindern (3)

Manchmal kommt der Papa vorbei und schaut nach ihnen oder gibt etwas Mais ab für die vier Mamans. Wenn die Kinder grösser sind, kehren sie oft wieder in ihre Familie zurück oder im Dorf stellt sich eine Grossfamilie zur Verfügung, die Kinder aufzunehmen.So sind sie wenigstens gut untergebracht, die medizinische Versorgung ist sichergestellt und dank der Nestlé Babynahrung aus der Schweiz müssen sie keinen Hunger leiden. Sofort bekommen wir Stühle, etwas zu essen und zu trinken.Die Frauen sitzen auf einer Matte am Boden und falten einen Berg Kinderwäsche zusammen. Windeln gibt es keine und so müssen sie umso mehr Kleider waschen.

K1024_Kind mit Schoppen

Ein Telefonanruf für mich, Schwester Gloria hat soeben das Mail von Laura gelesen, worin sie unseren vermutlichen Besuch ankündigt. Wir müssen unbedingt warten bis sie zurück sind. Die Schwestern müssen jeweils 45 km nach Koutiala fahren, um ihre Mails zu lesen. Auf der Missionsstation werfen die Solarpanels zuwenig Strom ab für eine Internetverbindung. Unterdessen bekommen wir ein einfaches Zimmer, von Koch Casimir schon wieder zu essen. Eine herzliche Begrüssung, als die zwei Schwestern eintreffen.

K800_Gloria und Bub

Schwester Gloria hat seit drei Wochen Unterstützung durch Schwester Sophia aus Kolumbien, sie ist sehr froh darüber. Im August sollen zwei weitere Schwestern eintreffen.

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Der Orden der Franziskanerschwestern wurde von Schwester Beata Caridad Brader aus Tübach gegründet. Deshalb fühlen sich die Schwestern sehr mit der Schweiz verbunden. Die Einsatzorte der Schwestern sind vor allem in Südamerika, hier in Mali, in Benin und in Oberriet, wo Laura die Missions-Prokura führt. Gloria ist schon seit 12 Jahren in Afrika, vorher in Benin und jetzt das fünfte Jahr in Mali. Wir unternehmen zusammen mit den Schwestern und Pauline (ein ca. 10jähriges Mädchen, das manchmal in der Einheimischensprache übersetzen muss)

K800_Pauline

einen Spaziergang durchs Dorf. Alle wichtigen Personen müssen besucht werden: der Chef des Dorfes, der Muselman, der Medizinmann.

Ein sehr eindrücklicher Rundgang durch das reale Leben der Dorfgemeinschaft. Die Hütten stehen dicht beisammen, manchmal gleich anschliessend das Maisfeld, im Innenhof raucht das Feuer. Die Töpfe sehen immer noch gleich aus, wie früher auf den Bildern, als die Schwarzen die Weissen kochten – nur etwas kleiner, zum Glück.

Kochstelle

Beim Dorfchef werden wir zu Wasser eingeladen, eine besondere Wertschätzung für Gäste, da Wasser immer noch ein kostbares Gut ist.

Gloria und Dorfchef

Überall auf der Strecke finden lange Begrüssungsrituale in Bambara statt, immer wieder tönt es lannie tsche mit den vielen Antworten dazwischen. Es wird nach dem Wohlergehen der ganzen Familie gefragt, Eltern, Kindern, wie es einem geht, bevor sie weiterziehen mit den besten Wünschen für Glück und Gesundheit. Gloria weiss auch, wo kürzlich eine Frau ein Kind bekommen hat. Wir schauen auch dort vorbei und finden die dreiwöchige Marie, in der Wollkappe, umringt von ihrer Familie. Eine Gruppe Mädchen, 10 bis 12 Jahre alt, kommt mit den archaischen Hacken vom Feld. Sie sind müde. Gloria erzählt, dass die Frauen hier sehr hart arbeiten müssen, auf dem Feld, im Haushalt, das Stampfen des Korns, kochen für die ganze Familie und dann die vielen Kinder, die sie bekommen. Zu einseitig sind sie ernährt von Mais und Maniok, es fehlen die Vitamine.

Die Mission hat eine kleine medizinische Versorgungsstation aufgebaut, hier können die Frauen ihre Kinder gebären oder die Bevölkerung erste medizinische Unterstützung bekommen. Sehr Vieles ist mit Schweizer Hilfe erbaut und in Betrieb genommen worden: ein Lager für die Verteilung von Mais und Reis für die Ärmsten, eine Nähstation (mit Tretnähmaschinen aus der Schweiz), ein kleiner Laden, wo die genähten Sachen verkauft werden, neben den Marktständen ein öffentliches WC, eine durch einen Generator betriebene Kornmühle in einem kleinen Häuschen, Informationsräume, in denen sie die Frauen hygienisch aufklären und vor allem Alphabetisierung betreiben können.

K1024_Kinder mit Pneu

Als weiteres Projekt im nächsten Jahr ist die Eröffnung eines Kindergartens geplant. Auf dem Areal gibt es auch eine Schule von der 1. bis zur 6. Klasse. 130 bis 180 Schüler werden in einem Raum und von einem Lehrer unterrichtet, der allerdings mit einem dicken Knüppel (der oft auch Verletzungen hinterlässt) für Ruhe und Ordnung sorgt. Der Schulbesuch ist den Mädchen mehrheitlich verweigert, sie müssen zu Hause auf die jüngeren Geschwister aufpassen, Wasser holen, waschen, den Haushalt besorgen. Auch sonst ist die Frau dem Mann sehr untertan, für die Arbeit und das Kinderbekommen da. Bei der Begrüssung machen die Frauen einen unterwürfigen Knicks, das ist für uns sehr gewöhnungsbedürftig.

Baby am Schlafen (2)

Wir machen auch Besuche bei einigen alten Verlassenen, die allein in ihren Hütten dahinvegetieren. Die Mission hat diesen armen Geschöpfen, die nur noch aus Haut und Knochen bestehen, eine Hütte bauen lassen, Frauen beauftragt, ihnen wenigstens einmal am Tag Essen zu bringen und sie schauen ab und zu vorbei, wie es ihnen geht. Wir spüren überall die herzliche Güte, die Schwester Gloria ausstrahlt und der ihr entgegengebrachte Respekt ist allgegenwärtig.

Gruppenbild (5)