Jaisalmer

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Im weltfernen, westlichen Zipfel von Rajasthan liegt Jaisalmer – die Wüstenstadt aus dem Bilderbuch. Auf der Suche nach unserer Unterkunft hetzt uns das GPS durch enge Gassen, bis wir nicht mehr weiterkommen. Jetzt geht es nur noch zu Fuss. Igitt hier stinkt es fürchterlich, wir befinden uns gleich neben der Urinmauer, Müll türmt sich auf. Doch die Kühe sind zufrieden damit, wühlen im Haufen und kauen an Karton und Plastik. Ob diese Milch noch Vitamine hat? Das Hotel ist definitiv nicht hier, wieder einmal falsche Koordinaten, – nach langer Suche landen wir dann doch noch am richtigen Ort. Paul muss zwar mit den Schweinen übernachten und wir haben erst nach Kakerlaken- und Silberfischlijagd unsere Nachtruhe.

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Jaisailmer liegt in der Wüste Thar. Die Goldene Stadt wird sie auch genannt, da der Grossteil der Gebäude aus dem goldfarbenen weichen Sandstein von hier gebaut sind. Kunstvolle Steinmetzarbeiten an Fassade, Fenster und Balkon verzaubern die Häuser in 1001 Nacht-Objekte. Wir staunen über diese Handwerkskunst. Die Häuser sind eng zusammengebaut, Gassen in Tuk-Tuk-Breite, es herrscht ein enges Gedränge, an der Seite fliesst der offene Abwasserkanal, eine nicht besonders schöne Angelegenheit.

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Auf einem Hügel mitten in der Stadt liegt das stattliche Jaisalmer-Fort, umgeben von trutzigen Mauern und halbrunden Bastionen aus Sandstein. Im Fort leben 3000 Menschen, auf der einen Seite die Brahmanen (die kein Fleisch essen, keine Tiere töten und keinen Alkohol trinken), auf der anderen die Warrior. Das Kastensystem ist zwar offiziell abgeschafft in Indien, doch in der Gesellschaft wirkt es immer noch. So dürfen nur die Brahmanen, die meist Lehrer und Priester sind, ihren Schnurrbart nach oben zwirbeln. Auch die Farbe der Turbane weist auf diese oder jene Kaste, respektive das Handwerk hin.

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Auf der Festungsmauer breitet sich die Stadt vor uns aus – ein imposanter Anblick. Inmitten des Forts liegt der Maharawal-Palast mit seiner fünfstöckigen, mit prachtvollsten Steinmetzarbeiten verzierten Fassade.

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Der Fort Jain-Tempel  gleich nebenan ist ein wahrhaftes Labyrinth und verbindet sieben Tempel durch schmale Korridore und Treppengänge. Alle sind mit wundervollen bildhauerischen Motiven verziert. Ein bisschen kühler ist es zwar hier drinnen, doch unsere Kleider sind trotzdem nach kurzer Zeit zum Auswinden. Am Abend zeigen unsere Hosen die lustigsten Batikmuster – aus Salzstreifen.

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Da sind wir doch froh, in einem Textilgeschäft mit Klimaanlage auf die weichen Polster zu fallen, einen Tee zu trinken und halt die vielen Handarbeiten vor uns ausbreiten zu lassen. Und natürlich können wir nicht widerstehen. Urs sieht sich schon an einem kühleren Abend in der Schweiz  in die Kamelhaardecke  eingekuschelt im Garten sitzend. Nur haben wir ja keinen mehr! Doch immerhin eine wärmende Decke (oder wieviele sind es schon?) haben wir jetzt.

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Ein riesengrosses Haveli mitten in den engen Gassen enthält fünf Häuser, da der Besitzer fünf Söhne hatte und jedem ein Haus bauen liess. Während der Regierungszeit von Indira Gandhi erstand sie für die Regierung zwei Häuser davon zu einem Pappenstiel für touristische Zwecke. Gegenüber der wundervollen Fassade kaufte sie zwei zusätzliche Häuser, die sie allerdings abreissen liess, damit die Touristen die Hausfront auf ihre Fotos bringen! Das war eine ihrer Taten.

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Jaisalmer ist ein grosser Stromlieferant: 3000 Windgeneratoren drehen sich am Rand der Stadt in der Wüste und Solaranlagen sind ebenfalls in Betrieb. Nun sind wir wirklich nur noch einen Steinwurf von Pakistan entfernt, schade, dass dieses Land uns nicht will.

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So nahe an der Wüste, umgeben von Sand und Kamelen lassen wir uns den Wüstenritt nicht entgehen. Mit dem offenen Jeep fahren wir 50 Kilometer in die Wüste hinaus. Plötzlich sprudelt ein Bach über die Strasse, – Wasser in der Wüste ist ein seltener Anblick. Die letzten zwei Tage hat sich immer wieder ein Gewitter entladen. Wir erreichen unsere Kamelführer, steigen aufs hohe wackelnde Tier und schweben den Dünen entgegen. Der Sand ist zwar nass und den Sonnenuntergang müssen wir uns hinter den aufziehenden grauen Wolken in Gedanken vorstellen. Doch die Ruhe ist herrlich, nur die balzenden Pfaue unterbrechen die Stille. Eine Wüstenantilope zieht schnell über die Düne davon, als sie uns kommen sieht. In jedem bereisten Kontinent haben wir Wüsten entdeckt und erlebt – sie sind alle so unterschiedlich.

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