Heisse Quelle & Dromedare

Von dieser heissen Quelle haben wir gelesen und plötzlich sehen wir den Wegweiser dahin – zur Therme Abeino. Tönt fast wie Abano! Sieht noch nett aus, der Campingplatz neben einer einstöckigen, roten Hotelanlage, ein Zimmer ans andere gereiht. Und ein Badehaus für die Männer, dasjenige für die Frauen ist ausserhalb. Urs wagt sich zuerst rein, schön warmes Wasser und ein Becken zum Schwimmen, erzählt er. Also probiere ich es doch bei den Frauen. Eintritt 9 Dirham, 1 Dirham für den Korb. Sie schauen mich schon etwas komisch an und ich muss fragen, wo man den abgewetzten Wäschekorb mit den eigenen Utensilien hinstellen soll. Im Bad tummeln sich ein paar Frauen und Kinder. Die Frauen in Unterhosen oder Leggins. Auf der Abgangstreppe in der Ecke des Bades sitzen sicher 10 Frauen zusammen und schwatzen und schauen natürlich genau was ich mache. Das Wasser ist schön warm, ich schwimme ein paar Längen und schaue weg, was da so alles noch im Wasser schwimmt. Übel, doch ich halte durch. Die älteste Frau, ganz runzlig, muss sich von einer Jüngeren in die Kleider helfen lassen. Und das ohne Abtrocknen. Was die alles anhat: eine riesengrosse Unterhose bis über die Knie, einen Unterrock, ein langärmliges Leibchen, ein Kleid, einen Umhang, einen Turban und zuletzt noch das Tuch über alles darüber. Eine Frau fragt, warum ich denn schon gehe, eine will mir noch einen Spritzer von ihrem Parfum geben. Sie sind sehr nett. Nach dem Gang aufs Camping-WC vergeht mir die Stimmung. Alles unter Wasser, eines ist nicht in Betrieb, beim Lavabo kommt kein Wasser, beim zweiten ist der Hahn abgebrochen. Nee so nicht, ich frage, ob wir die Dusche und WC im Hotel benützen können und ich bekommen den Suite-Schlüssel Nr. 22. Immerhin (von Suite allerdings keine Spur) kann ich mir am Abend das Badewasser abspülen. Erster Gang am Morgen aufs WC und unter die Dusche. Die Tür steht offen und da liegt doch einer im Bett. Wir essen erst Frühstück und hoffen, dass der Typ unterdessen aufwacht und das Zimmer verlassen hat. Urs macht den zweiten Versuch – er ist immer noch da, in eine rosa Wolldecke eingemummelt. Doch er lässt sich von unseren zwei Badezimmerbesuchen nicht stören. Also der Vergleich mit Abano ist dann doch etwas sehr gewagt.

Wir sind früh unterwegs nach Guelmim. Heute ist Samstag und Markttag. Ein kleines Stück ausserhalb der Stadt, hinter langen Mauern mit einem grossen Eingangstor geht der wöchentliche Souk über die Bühne. Gemüse, Früchte, Haushaltsachen. Ein paar Stufen weiter unten findet der Tiermarkt statt: Schafe, Ziegen, Rinder, Esel und Dromedare.

K1024_Dromedar nah

Friedlich stehen die Dromedare in Gruppen zusammen, fressen Heu und schauen neugierig in die Runde. Natürlich haben wir schnell Begleitung von einem Berber und wir werden über die Dromedarrassen aufgeklärt: die Dunkelbraunen, etwas Kleineren kommen aus Mauretanien, sind gut für die Arbeit, die Braunen aus Marokko fürs Lastentragen der Karawanen, für die Zucht und fürs Fleisch und die weissen, stolzen Mehari kommen aus Mali und sind die kostbaren Leittiere der Karawanen. Sie können Wasser aus 20 Kilometer Entfernung riechen.

K1024_Mehari

Die Dromedare werden zweimal pro Jahr geschoren und aus ihrer Wolle entstehen Teppiche, die dunklen Dächer der Nomadenzelte oder auch warme Kleider. Ein mittleres, trächtiges Kamel kostet 15 000 Dirham (ca. 1 600 Franken). Ich könnte ihnen stundenlang zusehen, wie sie langsam, genüsslich ihr Heu kauen und  die Welt von oben in aller Seelenruhe und sehr majestätisch beobachten. Guelmim war schon immer Ort des Dromedarhandels, früher fand der Markt nur einmal im Jahr statt und die Karawanen richteten sich nach diesem Datum. Heute mit Lastwagen oder Pickup (und natürlich Rückgang der Karawanen) ist die Welt schnelllebiger geworden.

Die Männer in wallenden Djeballas und Turban drücken und begutachten die Geissen, palavern miteinander und scheinen einen guten Tag zu haben.

K1024_Kapuzenmann

In einer Gruppe Männer gibts Meinungsverschiedenheiten, sie gehen sich lauthals an den Kragen. Ein Brüllen und Jaulen wie vom kleinen Dromedar, das mit zusammengebundenen Füssen auf den Abtransport zum neuen Meister wartet. Doch bald kehrt wieder die friedliche Ruhe ein. Unter einem Sonnenschirm scharen sich Männer um einen Tisch und einen Mann am Mikrofon. Er spricht von Allah, verkauft Verse aus dem Koran als gerahmte Bilder und nebenzu noch ein Allerweltsheilmittel für den Mann. Wie aus seinen Handbewegungen unmissverständlich zu erfahren ist, stärkt es die Muskelmasse am Hals und natürlich die Manneskraft. Die Männer hören ihm gebannt zu – wie einem Prediger und schon wieder geht so ein Päckli über den Tisch.

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Unsere Einkäufe sind banaler: Orangen, Bananen, Tomaten, Gurken, Bohnen. Das Gemüse hat einen Einheitspreis von 10 Dirham (Fr. 1.10) pro Kilo (oder vielleicht nur für die Touristin?), Orangen kosten 5, Bananen 7 Dirham. Ich freue mich immer, wenn unser Gemüse- und Früchtelager aufgefüllt ist.

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Am Nachmittag besuchen wir in der Nähe eine Oase. Schmale Wege, knappe Autobreite führen durch die Oase, vorbei an lehmfarbigen , einfachen Häusern, mit Lehmmauern eingezäunten Gärtchen, in denen es grünt und wächst.

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In einem Museum bestaunen wir alte Raritäten aus der Sahara,  die zwei Berber während 28 Jahren gesammelt haben und nun in einer alten Karawanenherberge ausstellen. Einfache Werkzeuge, wie sie zum Teil heute noch bei den Nomaden im Einsatz sind. Im Nomadenzelt im Innenhof bekommen wir Tee, gebraut aus verschiedenen Kräutern der Sahara – sehr fein. Der Chef des Dorfes liegt auch noch auf einem Schaffell und gibt seinen Kommentar zum Besten. Der andere Anwesende meint, dass es besser wäre, unser Auto gegen Dromedare einzutauschen und so weiterzureisen. Das ist viel gemütlicher. Doch Paul gegen Dromedare eintauschen? Nein das bringen wir nicht übers Herz.