Aït Mansour Schlucht

Rote Felsen, soweit wir blicken können, oft in riesigen Brocken, die aufeinandergeschichtet sind. Wir fahren im Anti Atlas einen Pass hinauf, Kurve an Kurve schlängelt sich der Weg in die Höhe. Rundherum rote Steine, rote Felsbrocken und etwas höher legen sich die Felsen rundherum in Falten.

K1024_Palmen und Berge

Der Blick ist wie in ein 3D Bild und dabei wird es einem fast schwindlig. Kilometerweit nur Steine, Arganbäume, dürrästige Mandelbäume, jedoch voll mit grünen Früchten behangen. Dann wieder ein kleines Dorf mit bescheidenen Häusern, oft mit einer farbigen Eisentür als Eingang. Manchmal jedoch auch protzige Villen, eingezäunt mit verzierten Mauern. Wir lesen, dass in den 50er Jahren viele Berbermänner  von hier nach Casablanca gezogen sind. Von den Juden, die nach Israel auswanderten, haben sie die Geschäfte übernommen und sind in den Handel eingestiegen. Ihren zurückgebliebenen Familien bauten sie als Ersatz pompöse Villen und schicken Geld fürs Leben. Einige jedoch haben in Casablanca neue Frauen getroffen und kehren nie mehr zurück. Das Tal wird eines Tages ausgestorben sein, denn hier gibt es wirklich nichts als Steine, Argannüsse und Mandeln.

K1024_Villa (2)

Die Äit-Mansour-Schlucht beginnt, der Weg verschmälert sich auf kaum Autobreite und windet sich zwischen Palmen. Es ist schattig und schön kühl wie in einem Wald, in der Pfütze des Bachbetts quaken die Frösche und sogar ein paar kleine Fische schwimmen darin. Uff, hier ist es angenehm und es weht ein erfrischendes Lüftchen.

K1024_Palme und Fels

Im einzigen Café am Strassenrand machen wir Halt und setzen uns auf einen Tee zu den alten Männern in den wallenden, weissen Gewändern. Einer hat früher in Italien gearbeitet, er möchte italienisch mit uns reden. Mit Waren hat er gehandelt.

K1024_Männer beim Tee

Auf dem Weg zum Auto kommt uns wieder ein alter Mann entgegen. «Aha aus der Schweiz seid ihr – wo denn – ein schönes Land – seid willkommen, wie wir in eurem Land willkommen wärt». Er bemüht sich, alle seine französischen Worte hervorzukramen und verabschiedet sich mit einer Verbeugung und der Hand zum Herz, so liebenswürdig. Aus dem Nichts taucht auch immer wieder mal eine schwarzgekleidete Frau auf, wenn sie uns sieht, zieht sie sofort den Schleier vors Gesicht. Sie sind unterwegs mit einem geflochtenen Korb, den sie mit einem Stick vom Kopf baumelnd auf dem Rücken tragen. Es geht noch über Stock und Stein, am Strassenrand wächst Mönchspfeffer, zum Teil als dickstämmige Büsche. Erinnerung an meinen Garten! Er riecht so gut.

Mönchspfeffer

Wir fahren weiter auf einer Staubstrasse mit vielen Löchern und Flussbettüberquerungen (zum Glück ohne Wasser) durch eine Schlucht, bis wir wieder in Tafraoute landen. Hier schauen wir von einem schattigen Platz aus dem Treiben zu: Männer kommen zusammen Hand in Hand, bestimmt zwei Freunde, andere tragen als Stilbruch eine Dächlikappe zu ihrem langen Gewand, an einem Stand frittieren sie frische süsse Sachen (honigklebrig und mandelgefüllt), überall gibt es Schuhe zu kaufen, denn hier soll das richtige Berber-Schuhhandwerk herkommen. Doch die gelben Babouches, die Urs sucht, sind leider nicht zu finden. Ein Mann am Nebentisch diskutiert mit uns über die WM. Er ist froh, dass Spanien gewonnen hat, denn die Holländer mag er nicht so, da sie die Einfuhr von marokkanischen Tomaten in die EU verbieten.  Ja und Kroatien hat eindeutig besser gespielt als Brasilien – jetzt sind wir doch auch wieder auf dem Laufenden. Quatar hat die ganzen Übertragungsrechte für die WM gekauft – doch sie schauen im ZDF gratis, mit dem Parabolspiegel! Später entpuppt sich derselbe Mann als Coiffeur, der mir einen Kurzhaarschnitt verpasst. Er muss den Schnitt von Urs etwas nachbessern. Er setzt extra noch eine neue Rasierklinge ein, die er in Alkohol taucht und anzündet. Wenn das nur gut kommt. Geföhnt wird auch noch, aus einer klemmenden Holzschublade, zwischen einer Eisenzange und allerlei Unrat zieht er eine Bürste hervor – igitt. Er erzählt, dass hier alle vom Tourismus leben. Allerdings ist die Saison im April vorbei, dann wird es viel zu heiss, obwohl wir auf 1200 MüM sind. Wir merken das auch an den Campingplätzen – wieder allein. Es ist der Vierte, den wir nach unzumutbar oder geschlossen ansteuern. Und die Hitze ist mit einem kühlen Tuch im Nacken gerade noch zu ertragen.

K1024_Camping Tazka

PS: Irgendetwas kann mit dem Resultat von Spanien nicht stimmen – ein anderer erzählt mir das umgekehrte Resultat. Sei es wie es ist!